Vor 3 Tagen haben wir vom Schönalmjoch so schwer am Schafreiter vorbei schauen können, dass es uns einfach unmöglich erschien, diesen imposanten Berg zu ignorieren. Wir mussten nun unbedingt auch einmal im Winter hierauf. Und da wir gut in die Hänge der Südwand einsehen und registrieren konnten, dass noch nicht so viel Schnee liegt, wollten wir außerdem über eine Querung unterhalb dieser nachdenken, um anschließend noch das Delpsjoch zu begehen – falls es uns irgendwie langweilig werden würde.
29.12.2018 / Schafreiter-Delpsjoch
Ich kann einfach nicht anders, jetzt muss ich doch einmal den Namen fallen lassen. Thomas Finteis! Zwar kenne ich ihn nicht persönlich, doch hat er uns im Winter schon einmal fast in die Irre geführt.
Auch wenn ich durchaus eine sehr ausgeprägte Fantasie besitze, schaue ich hin und wieder ganz gerne mal beim Alpenvereins-App drüber, um mir ein paar Inspirationen zu holen. So auch im vergangenen Winter, als wir unser Glück mit der Benediktenwand versucht haben. Inzwischen weiß ich, wenn der Herr Finteis zu der Jahreszeit eine Tour mit schwer deklariert, dann ist sie das auch. Im Sommer gerade richtig für unsere Ansprüche, haben hingegen die Routenvorschläge mit Schneeschuhen manchmal leichte Freak-Tendenzen. So begnügen wir uns im Winter lieber mit dem, nach seinem Standard, mittelschweren Touren – zumindest so lange wir noch an unserem Leben hängen.
Wenn wir im Sommer noch über das Grasköpfel von Fall aus aufgestiegen sind, so war dies nun nicht möglich; zu ausgesetzt manche Querung zum einen, zum anderen würde der Weg durch ein Winterruhegebiet gehen. So sind wir ins Rißtal gefahren und haben unser Auto nahe der Oswaldhütte geparkt. Von dort ging es auch dieses Mal ganz griabig die ersten Höhenmeter über einen Forstweg nach oben. Leider habe ich schon da wieder die ersten Berge entdeckt, die ich unbedingt noch machen will. Ich befürchte, mein Leben reicht einfach nicht aus, um all das zu schaffen, was ich mir schon jetzt vorgenommen habe…
Aber schaut doch mal selbst: Ist der Vorderskopf nicht ein wunderschöner Berg? Und wie sich Bayerkar-, Krapfenkar- und Soinerspitze hintereinander aufreihen, ist das nicht ein traumhafter Anblick?
Ab der Mooslahner-Alm ging es allerdings wieder mehr zur Sache. Nach dem Hang oberhalb der Hütte musste man ein wenig nach links in eine Schneise einbiegen und diese steil hinauf bis zu den Latschen aufsteigen, dann weiter rechts über den Sommerweg bis zur nächsten Schneise queren und diese wieder steil in Richtung Gipfel hinauf. Dies nur als kurz gefasste Routenbeschreibung, falls es jemand interessieren sollte.
Inzwischen waren wir ganz gut konditioniert, und so war es zwar anstrengend, aber nicht weiter dramatisch für uns. Flo hat es einzig gestört, dass ich immer wieder stehen bleiben musste, um mir das Panorama anzuschauen, obwohl im etwas kalt war. Armer Schatz!
Die letzten Meter bis zum Kreuz war dann aber noch einmal ein wenig mehr Trittsicherheit und Schwindelfreiheit gefragt. Rauf stellte das kein allzu großes Problem dar, runter ziehe ich beim nächsten Mal aber lieber die Schneeschuhe aus.
Ein Gamsenweibchen und ihr Junges waren auch gerade auf Beobachtungskurs. Wenn auch unsinnig, haben wir es wenigstens versucht, uns leise zu verhalten und anzuschleichen, um sie nicht zu verjagen. Und sie ließen uns tatsächlich auch ganz schön nahe herankommen, bevor sie verschwunden sind.
Auf dem Gipfel war es heute wirklich wieder ganz schön zapfig, trotzdem haben wir es uns nicht nehmen lassen, unsere Brotzeit hier einzunehmen und etwas den Moment zu genießen. Wenn wir bei unserer letzten Tour schon weit blicken konnten, dann heute gefühlt noch weiter – immerhin standen wir auf 2101 Meter Höhe; noch höher wird es erst wieder bei den Ösis.
Wir haben etwas darüber debattiert, wo man im Winter vielleicht noch überall drauf könnte – aufs Baumgartenjoch sicher nicht. Aber da war ja noch was – das Delpsjoch. Zumindest wollten wir es erst einmal bis zur Tölzer Hütte versuchen und dann weitersehen. Zeit hatten wir ja noch genug.
Den Sommerweg direkt nach unten zur Hütte wollten wir auf gar keinen Fall nehmen. Vielleicht geht es umgekehrt besser, aber in diesem Steilgelände, noch dazu an manchen Stellen versichert, das war uns dann doch zu heiß. Aber wir hatten ja eben jenen Routenvorschlag von Thomas, und so haben wir uns einfach daran gehalten.
So sind wird zunächst wieder den Aufstiegshang mit Vollkaracho hinunter gespurtet.
Einer einsamen Tourenspur folgten wir im Anschluss ein kleines Stück nach links, doch dann haben wir unsere eigene aufgemacht, um über die freie Fläche des Rückens zu gelangen. Mühsam war es, durch den weichen nassen Schnee voran zu kommen, und wir glaubten fast nicht mehr, dass wir an dem Tag es tatsächlich noch bis auf Delpsjoch schaffen würden.
Das Becken unterhalb der Südwand vom Schafreiter haben wir allerdings recht zügig durchquert, und dann gab es kein Auskommen mehr. Ich wollte jetzt unbedingt noch aufs Joch hinauf. Im Sommer hatten wir schon nicht mehr die Gelegenheit, und jetzt standen wir so kurz davor.
Da der Gradanstieg zum Gipfel an vielen Stellen bereits wieder abgeblasen war, stellte es für uns überhaupt kein Problem dar, dort hinauf zu kommen, und wir waren viel schneller oben als wir je gedacht hätten.
Noch einmal konnten wir auf den Schafreiter zurückblicken und waren echt glücklich, dass wir nun tatsächlich doch Beides geschafft hatten, und der Tag immer noch so jung war.
Doch ein paar Minuten würden wir ja auch noch für unseren langen Rückweg brauchen, denn wir mussten ja wieder genauso zurück wie wir hinauf gekommen sind. Doch das störte uns jetzt überhaupt nicht mehr.