Rund um den Sognefjord
Endlich ging es wieder aus der Stadt raus und rein in die Natur. Auch wenn wir soeben nur wenige Stunden inmitten der Zivilisation verbracht hatten, fühlten wir uns gleich wieder richtig befreit. Auf unserer Weiterfahrt in den Norden erreichten wir schon bald den Sognefjord. Hier gab es natürlich wieder einiges zu erkunden, und hier wollten wir auch irgendwo – möglichst wassernah – die kommenden Nacht verbringen.
Der Sognefjord ist mit 204 Kilometern der längste Fjord der Erde und mit einer Tiefe von bis zu 1308 Metern ebenso der tiefste. Er erstreckt sich von der schärenreichen Nordseeküste im Westen bis in die Bergmassive der Hardangervidda im Südosten, des Jostedalbreen im Nordosten und von Jotunheimen im Osten. Je weiter sich der Sognefjord ins Landesinnere hineinschiebt, umso mehr ästelt dieser sich in unzählige Nebenarme auf. Seine bekanntesten sind im Norden der Fjærlands-, Sogndals- und Lustrafjord; im Osten der Årdalsfjord und im Süden der Lærdals-, Aurlands- und Nærøyfjord. Doch Fjordarm ist nicht gleich Fjordarm, denn jede dieser Regionen charakterisiert eine andere Landschaft. Mal ist diese eher grün und sanft, ein anderes Mal wieder kahl und schroff. An manchen Stellen ragen die steilen Felswände gar bis zu 1800 Meter aus dem Wasser empor.
Eine weitere Besonderheit des Sognefjords ist eine natürliche Felsbarriere an seiner Öffnung in der Nordsee, die gewährleistet, dass nur warmes Wasser in den Fjord hineinfließt und somit quasi wie eine Klimaschwelle wirkt.
Nærøydalen – 07. August 2020
Stalheim Impressions
Wir wollten uns zunächst erst einmal auf das Südufer mit seinen 3 Fjordfingern konzentrieren, doch heute ging natürlich nicht mehr viel. Nach drei Stunden Fahrt war es jetzt schon fast 19 Uhr und der Tag eigentlich so gut wie gelaufen. Trotzdem genehmigten wir uns zumindest noch einen kleinen Abstecher nach Stalheim. Dort sollte es nämlich in erhöhter Position ein Hotel mit dem selbigen Namen geben, von welchem aus man einen wunderschönen Blick auf das enge Nærøydalen und den markanten zuckerhutförmigen Jordalsknut genießen kann; ein Motiv, was schon einige Maler und Künstler inspiriert und selbst Kaiser Wilhelm II. an diesen abgelegenen Ort gelockt hat.
Das Stalheim-Hotel selbst fanden wir persönlich zwar ziemlich hässlich, aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Etwas peinlich war es uns allerdings schon, in unserem eher legeren Aufzug in diese noble Herberge zu spazieren, zudem wir ja auch nicht vorhatten, dort unser Geld liegenzulassen; was man sich abgesehen davon auch erst einmal leisten können muss. Das Personal blieb dennoch professionell freundlich, dennoch gibt es in der Tat angenehmer Situationen als diese.
Immerhin können wir sagen, dass es sich wirklich gelohnt hat, diese kleinen Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen. Die Aussicht von der Terrasse über das grüne Tal, in das sich von allen Seiten unzählige kleine Wasserfälle an den karstähnlichen Hügeln in den Nærøydalselvi stürzten, der all das Wasser schließlich in Richtung Fjord davonträgt, war einfach einmalig. Diesen Augenblick konnten uns auch nicht die dunklen Wolken am Himmel vermiesen.
Gudvangen & noch tiefere Pampa
Leider war die 2 km lange und mit 13 Kehren versehene Stalheimskleivi-Straße nicht mehr befahrbar, und so mussten wir uns eben mit einer weniger spektakulären Variante zufriedengeben. Durch das soeben noch von oben bestaunte Nærøydalen kamen wir zum Glück aber trotzdem noch hindurch, als wir uns weiter Richtung Gudvangen vorgearbeitet haben. Konnten wir im Tal noch einmal die Landschaft in vollen Zügen genießen, stand uns kurz darauf der Mund aber aus einem ganz anderen Grund offen. Es folgte nämlich eine ziemlich abenteuerliche Passage auf einer sehr schmalen Küstenstraße am Nærøyfjord, die ihresgleichen sucht.
Nun muss man wissen, dass Gudvangen bis in die 1980er Jahre aufgrund seiner steil ins Fjord abfallenden Hänge noch gar keine eigene Straße besaß, sondern lediglich mit dem Boot zu erreichen war. Inzwischen ist dieses kleine Dorf zwar ganz gut an das Verkehrsnetz angebunden, jedoch um von dort aus dann auch noch Bakka am westlichen Fjordufer zu erreichen, bedarf es schon ein wenig mehr Abenteuerbereitschaft:
Als wir uns endlich entschieden hatten, den Kieshaufen rechts und nicht links zu umfahren, tat sich dahinter tatsächlich so etwas wie eine Piste auf. Eng war diese ja von Anfang an und wurde nun nur noch enger. Inständig hofften wir, dass uns jetzt bloß keiner entgegenkommt, bis wir die nächste Ausweichmöglichkeit erreichen würden. Links baute sich über uns der nackte Fels auf, wohingegen rechts wir dem Fjord bedrohlich zu Leibe rückten. Wo sollte das uns jetzt noch hinführen? Waren wir hier wirklich richtig? Diese Straße war zwar in der Karte verzeichnet, doch so langsam kamen stille Zweifel in uns auf. Als wir nun auch noch in einen stockfinsteren Tunnel fuhren, von dem das Wasser von den Wänden rann und es stetig nebeliger wurde, je weiter wir ins Innere vordrangen, beschlich uns ein mulmiges Gefühl. – Was wäre, wenn jetzt tatsächlich jemand aus der Gegenrichtung käme? Platz war nur für ein Auto. – Flo und ich fühlten uns wie im falschen Film und wurden immer nervöser. Doch irgendwann ist auch einmal der beste Horrorfilm zu Ende, und so sahen wir endlich das Licht, was uns das Ende des Tunnels ankündigte. Ich könnt euch sicher vorstellen, wie erleichtert wir waren, als wir wieder ins Helle kamen und noch mehr, als wir feststellen durften, dass danach die Straße auch weiterging. Und tatsächlich, da lag es – Bakka! Von Einsamkeit war gleich gar nicht mehr so viel zu spüren, verfügte diese winzige Ansiedlung nebst einer kleinen Kirche ja sogar noch über einen zugegebenermaßen sehr idyllischen Campingplatz.
Die letzten Meter wollten wir nun schließlich auch noch auf der holprige Straße weiterzuckeln, um den Einstieg zu den Rimstigen zu suchen, auf denen wir am nächsten Morgen unsere Wanderung starten wollten und möglichst gleich vor Ort zu schlafen. Den kleinen Wanderparkplatz für 2-3 Autos hatten wir schnell gefunden, mit Zeltaufploppen war jedoch nicht viel, denn das war ausdrücklich nur auf dem hiesigen Campingplatz erlaubt. – Nun gut, so entschieden wir uns, wieder umzukehren und dafür am nächsten Morgen beizeiten auf der Matte zu stehen. Den Weg kannten wir ja jetzt und waren auf alles vorbereitet,… – nur nicht, dass ich erst einmal den Leithammel mimen muss, um eine gemütlich des Weges ziehende Ziegenherde von der Straße zu geleiten, damit wir wieder aus dem Tal fahren konnten.
Wieder zurück im Nærøydalen haben wir gezwungenermaßen unser Nachtlager auf einem nüchternen Parkplatz bezogen, der zugegebenermaßen etwas an Romantik missen ließ. Doch das war uns jetzt auch schon ziemlich egal; das Süppchen hat uns trotzdem geschmeckt, und immerhin hatten wir den Jordalsknut genau vor unseren Augen. Wer kann das schon von sich behaupten.
Nærøyfjord – 08. August 2020
Auf dem Rimstigen über den Nærøyfjord
Den Weg kannten wir ja bereits von unseren Erkundungen am Vorabend. Dieses Mal ging es jedoch ohne besondere Vorkommnisse direkt nach Bakka, von wo aus wir 7:30 Uhr unsere kleine Wanderung auf dem Rimstigen (einem ehemaligen Viehweg) starten konnten. Noch waberten kleine Schleierwolken über den Fjord ins Tal hinein, die sich von Zeit zu Zeit lichteten und den Blick auf das Wasser und das winzige Örtchen freigaben. Dieser mystischen Atmosphäre haftete etwas ganz Besonderes an, und so waren schnell die glitschigen Stufen überwunden und der schweißtreibende Aufstieg bei den schwülen Temperaturen vergessen. Nach ca. 1 1/2 Stunden hatten wir den steil an einer Felsflanke hinaufführenden, schottrigen Pfad überwunden und unser Ziel erreicht. Aus 720 Metern Höhe konnten wir nun direkt auf den sagenhaft engen Nærøyfjord hinabschauen.
Der Nærøyfjord ist vielleicht nicht der schmalste Fjord der Welt, wie manche gern behaupten mögen, jedoch mit einer Breite von lediglich 250 Metern (an seiner engsten Stelle) führt er definitiv die Weltrangliste in Sachen engste Fjordklamm an.
Insgesamt hat dieser Fjordarm eine Länge von 20 km und ist an seiner flachsten Stelle gerade einmal 12 Meter tief. Gemessen an den ihn umgebenen 1700 Meter hohen Felswänden mag das wirklich sehr beengend wirken. Auf jeden Fall eine sehr außergewöhnliche, fast schon dramatisch schöne Landschaft, in der sich eine einzigartige Artenvielfalt entwickeln konnte. Nicht umsonst hat auch hier wieder einmal die UNECSO ihren Stempel draufgedrückt.
Ganz allein waren wir allerdings an diesem Morgen doch nicht, auch wenn dieser Flecken eher noch zu den Geheimtipps zählen mag. Ein einzelner Fotograf packte gerade sein Stativ aus oder auch ein, und so entschieden wir uns, noch ein paar Meter weiterzugehen. Doch da wir heute eigentlich noch ein paar andere Sachen vorhatten und die Wiese zudem immer sumpfiger wurde, drehten wir schon bald wieder um. Zu unserem Glück war der Fotograf jedoch schon wieder verschwunden, und so konnten wir uns an dem einzig trockenen Plätzchen niederlassen und bei einer Brotzeit hinab ins Fjord schauen, wo wir geduldig beobachteten, wie sich die Spiegelungen je nach Wolkenaufkommen immer wieder veränderten. So saßen wir tatsächlich eine für uns außergewöhnlich lange Zeit – immerhin eine halbe Stunde – einfach nur so da und haben die Seele baumeln lassen.
Das kann man mal Timing nennen! Auf dem Weg nach unten fing es dann auch schon wieder mit regnen an; und wie. Es schüttete wie aus Eimern, so dass wir ziemlich durchweicht nach einer Dreiviertelstunde wieder am Auto ankamen. Doch das konnte uns nun nicht mehr so schnell aus der Bahn werfen, denn was wir sehen wollten, hatten wir noch rechtzeitig bei schönem Wetter gesehen. Uns tat es nur leid um das Pärchen, was sich gerade noch im Aufstieg befand.
Undredal am Aurlandsfjord
Hingegen man bis 1988 auch an dieser Stelle nur mit dem Boot anlegen konnte, mussten wir uns anno 2020 eher sputen, nicht in etwa die kleine Straße zu verpassen, die inzwischen nach Undredal abzweigt. Was uns gerade hierher geführt hat, war nicht in etwa die kleinste Stabkirche der Welt – mit ihren gerade einmal 40 Sitzplätzen -, sondern die Lage dieses winzigen 112 Einwohner Dorfes an und für sich, welches mit seinen kleinen bunten Holzhäuser so völlig isoliert, dafür umso malerischer direkt am Aurlandsfjord liegt.
Da wir uns gerne vorab immer ein wenig informieren, konnten wir es auch vermeiden, mit dem Auto in die Ortschaft zu fahren und sind stattdessen schön brav zu Fuß hineinspaziert; was ich mir von so manch anderen Tourist auch gewünscht hätte. Aber unabhängig davon, was andere nun machen oder nicht, war es auch so viel schöner, die Gegend nicht nur im Vorbeifliegen betrachten zu können.
Auch wenn uns die Pforte der 850 Jahre alte Kirche leider verschlossen blieb, gab es ein herrliches Bild ab, wie ihre weißen Holzfassaden mit den roten Fenstern und Schindeln vor der Bergkulisse herausstrahlten und die Sonne das Fjord im Hintergrund Türkis schimmern ließ.
So langsam verfolgten uns die dicken bedrohlichen Regenwolken auch hierher, und es breitete sich eine äußerst dramatische Stimmung über dem Dorf aus. Der Seetang im Wasser leuchtete regelrecht neongelb heraus. Das dunkle Blau des Fjords, das saftige Grün der Wiesen, das strahlende Weiß der Häuser, alles wirkte dadurch fast schon unnatürlich satt, zugleich aber einfach nur traumhaft schön.
Leider sind solche Momentaufnahmen immer nur von kurzer Dauer, und so sahen wir zu, schleunigst wieder zum Auto zu kommen, bevor erneut der Regen einsetzten würde. Dieses Mal waren wir ihm jedoch einen Schritt voraus. Strike!
Lærdalsvegen
Man könnte sich viel Zeit sparen und einfach von Aurland ins Lærdal den Lærdaltunnel nehmen, der mit 24,5 km als längster Straßentunnel der Welt gilt. In dem Fall würde man allerdings nicht mehr viel von der Landschaft sehen, was wirklich äußerst schade wäre, denn der 47 km lange, über die Berge führende Lærdalsvegen zählt nicht umsonst zu einer der attraktivsten Straßen im Vestlandet.
Zunächst führte uns dieser über 12 aussichtsreiche Serpentinen auf ein Höhenniveau von 650 Metern, wo sich die Aussichtsrampe Stegasteinen befindet. Natürlich ließen auch wir es uns nicht nehmen, hier kurz anzuhalten und einen kleinen Skywalk auf der Plattform zu absolvieren. Diese eigenwillige Holz-Stahl-Konstruktion ragt ganze 30 Meter in den leeren Luftraum über die Fjordlandschaft hinein und ist an ihrer Stirnseite lediglich mit einer Glasscheibe versehen. Manch einem mag das vielleicht ein wenig Unbehagen bereiten. Doch das sollte schnell wieder vergessen sein, wenn man erst einmal seinen Blick über den 29 km langen Aurlandsfjord und die zum Teil noch mit Schnee bedeckten Gipfel des umliegenden Hochlandes schweifen lässt. Die Ortschaft Flåm, von wo aus auch die berühmte Flåmsbahn startet, wirkte von hier oben natürlich winzig; genauso wie der einsame Kreuzer, der soeben durch den Fjord schiffte und uns ziemlich bildhaft die wahren Größenverhältnisse verdeutlichte.
Wir stiegen nun auch noch fix den kleinen Hügel auf der anderen Straßenseite hinauf, von wo aus man die Plattform noch einmal aus einem anderen Blickwinkel sehen konnte und sich das Treiben darauf ganz gut beobachten ließ.
Im weiteren Verlauf kamen wir durch eine fjellartige Landschaft, die anfänglich zwar ein wenig trist wirkte, aber genau darin auch schon wieder der Reiz lag. Völlig isoliert zog sich der dunkle Asphalt durch dieses unwirtliche Terrain, in dem sich gerade einmal grünes Moos und orange-gelbe Flechten am Boden bewähren konnten. Die dunklen tiefhängenden Wolken am Himmel und die vereinzelten Schneefelder am Rande machten der “Schneestraße” im wahrsten Sinne des Wortes alle Ehre. Und als wir es dann auch noch gewagt haben, unseren Fuß ins Freie zu setzen, verstärkte sich dieser ungemütliche Eindruck noch zusätzlich. Ziemlich ekelhaft blies uns der kalte Wind um die Ohren, so dass wir ganz schnell wieder ins warme Auto zurückgesprungen sind.
Als wir den Zenit überwunden zu haben schienen, kam so langsam auch die Sonne hervorgekrochen und ließ den grünen Flickenteppich leuchten und die kleinen Schmelzwasserseen funkeln. Das machte das Ganze schon um ein Vielfaches freundlicher. Auch stellte die asphaltierte Straße irgendwann nicht mehr den höchsten Punkt am Boden dar, sondern schlängelte sich jetzt sehr ansehnlich durch die kleinen teils schneebedeckten Felshügel. Unsere Fotostopps häuften sich nun zunehmend, bis wir uns an einem besonders idyllischen Plätzchen dazu entschieden, doch einmal das Auto zu parken, die Turnschuhe anzuziehen und etwas länger zu verweilen.
An einem jener Fjellseen hatte sich eine interessante Eisskulptur herausgebildet, deren kleine Aushöhlung im Inneren wie das Gletschereis blau schimmerte. Umrahmt von hellgrünen Hügeln, im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel des Hochgebirges und zu unseren Füssen ein kleiner Wasserfall, der in Kaskaden zum türkisblauen See hinabrann, das lud förmlich zum Brotzeitmachen ein; und wenn es noch so zapfig war.
Die Auswahl des Schuhwerks erwies sich allerdings als etwas ungünstiger, und so bekamen wir ziemlich nasse Füße, als wir nun über die sumpfige Wiese die Gegend noch etwas näher erkunden wollten. Das nächste Mal doch gleich wieder die Bergschuhe überstreifen! 😉
Auf dem Weg hinab ins Tal kamen wir noch zu einem weiteren Aussichtspunkt, den Vedahaugane. Hier wurde auf 1306 Metern ein betonierter Laufsteg angelegt, der zu einer kleinen Höhle führt, in der sich ein Künstler mit seinem Werk “Kräfte, die die Natur widerspiegeln” verewigt hat. – Na gut! – Jedenfalls soll man von hier aus bei gutem Wetter bis zum Jostedalbreen schauen können. Wir haben es jedoch vorgezogen, den Gletscher am Folgetag vis-á-vis zu sehen.
Stabkirche Borgund
Gerade noch rechtzeitig kamen wir in Borgund im Lærdal an. Es war 16:30 Uhr, und nur bis 17 Uhr würde die Stabkirche heute geöffnet haben. Ich war schon so gespannt darauf, denn dieses Juwel wollte ich auf unserer Reise unbedingt sehen. Dafür nahmen wir dann gerne auch diesen kleinen Umweg in Kauf.
Über die Stabkirchen im Allgemeinen habe ich ja bereits in einem anderen Blogbeitrag schon etwas geschrieben und kann >>hier<< auch nachgelesen werden. Das Gotteshaus in Borgund jedenfalls wurde ca. 1180 erbaut und gilt neben dem in Urnes als älteste und gleichzeitig besterhaltendste Stabkirche des Landes und zugleich als eines der ältesten Holzbauten ganz Europas. Mit ihrem kaskadenförmig gestaffelten, mit Drachenköpfen verzierten und von der Sonne geschwärztem Schindeldach ist diese Kirche von ganz besonderer Schönheit. Nicht umsonst lockt sie jährlich 300000 Touristen an.
Auch hier lässt man wieder die bösen Geister hinter sich, sobald man die hohe Türschwelle überschreitet und durch das mit Schutzzeichen versehene Portal ins Innere taucht. Zu jener Zeit waren die Naturreligionen noch hoch im Kurs, bevor Norwegen dem christlichen Glauben den Vorrang gab.
Das Kircheninnere ist eher recht schlicht und sehr dunkel gehalten. Man sucht hier vergeblich nach Kirchenbänken oder den üblichen Dekorationsgegenstände. Lediglich die Holzwände sind mit Gemälden und Schnitzereien versehen; teil sind es biblische, teils heidnische Motive. Die Kanzel kam allerdings erst in der zweiten Hälfte des 16. Jh. dazu und das Altarbild im Jahre 1654.
Wer die Kirchenglocken sucht, muss ein paar Schritte weiter südlich gehen, denn diese befinden sich in einem externen hölzernen Glockenturm, der vermutlich zur gleichen Zeit wie die Stabkirche entstand.
Bis 1868 war die Kirche im Gebrauch, dann wurde sie durch ein Nachfolgegebäude abgelöst, welches man auf dem gleichen Grundstück errichtete. Seither dient das mittelalterliche Gotteshaus nur noch als Museum.
Schon vom Besucherzentrum aus konnten wir die Kirche erblicken. Sie war viel kleiner und noch dunkler als erwartet. Doch wie sie sich so lieblich in die Landschaft einfügte, da brauchte man nicht lange zu überlegen, welches der beiden Gotteshäuser auf dieser Wiese der wahre Star ist. Schnell sahen wir zu, dass wir vorwärts kamen und sie nun endlich auch aus der Nähe anschauen konnten.
Wir nahmen wohlwollend zur Kenntnis, dass um diese Zeit kaum noch Besucher vor Ort und schon wenige Minuten später wir gänzlich allein waren. Wir hatten nämlich schon das Schlimmste befürchtet, nachdem wir in den Reiseführern immerzu lesen mussten, welch Andrang hier herrscht und man nicht selten eine halbe Stunde oder länger anstehen muss, um hineinzukommen. Davon war heute jedoch keine Spur. So konnten wir uns jetzt alles ganz in Ruhe und ohne irgendwelches Gedränge anschauen, und es blieb uns zum Schluss sogar noch ein wenig Zeit, über das Gelände zu streifen, um die Kirche aus einer anderen Perspektive zu bewundern. Dieser Abstecher hatte sich wirklich gelohnt.
Anreise zum Nigardsbreen
Wir wollten heute eigentlich noch ins Jostedalen hineinfahren, um am nächsten Morgen gleich ganz in der Früh zum Gletscherarm Nigardsbreen aufbrechen zu können, bevor das etliche andere auch tun würden. Allerdings hatten wir etwas Sorge, ob wir um die Zeit ohne Reservierung noch eine Fähre bekommen würden, die uns über den Sognefjord verschifft.
Unsere Sorge war übrigens völlig unberechtigt, problemlos starteten wir 18 Uhr schon unsere Überfahrt.
Am anderen Ufer angekommen, war es nun nicht mehr weit bis Gaupe, wo wir in eine kleine Stichstraße abbiegen mussten, die einen fast 40 Kilometer ins Jostedalen hinein- und ausschließlich auf demselben Weg auch wieder herausführt. Irgendwie war es schon ein klein wenig unheimlich, wenn man sich in seiner Fantasie nun erst einmal anfängt auszumalen, wie man unausweichlich auf den Gletscher zusteuert, währenddessen die Berge immer näher an einen heranrücken, das Tal im enger und aufgrund der Tageszeit auch immer dunkler und einsamer wird. Das sind solch Momente, wo man sich dann doch mal das ein oder andere Auto an sich vorbeifahren wünscht.
Gegen halb Acht hatten wir immerhin das Jostedalen-Breheimsenteret erreicht, von dem aus nun allerdings noch einmal eine 3 km lange, mautpflichtige Stichstraße abging. Wir waren jetzt etwas hin- und hergerissen, ob wir die Maut denn zahlen und bis zu dem Parkplatz vor der Gletscherzunge vorfahren sollten. Was, wenn man dort nicht über Nacht stehenbleiben könnte und man wieder umkehren müsste? Das würde zwar kein Loch in unsere Reisekasse reißen, aber wäre halt einfach unnötig. – Wir entschlossen uns letztendlich doch das Ticket zu lösen, und natürlich durfte man auf dem Parkplatz nicht nächtigen. Irgendwie hatte ich das schon im Gefühl. So ein Mist, also wieder zurückfahren und nach einem anderen Schlafplatz suchen! Doch einen ersten Blick auf den Gletschersee und die -zunge konnte uns natürlich keiner verbieten. Jetzt waren nur umso neugieriger auf unsere Exkursion morgen.
Irgendwo am Straßenrand fanden wir zum Glück eine kleine Parkbucht mit einem Tisch im Grünen vor. Was wollten wir mehr. Hier blieben wir schließlich stehen. Doch hatten wir zuvor noch versucht, uns den Parkplatz am Nigardsbreen aufgrund seiner eisigen Temperaturen schlechtzureden, hier was es genauso zapfig. Sind uns schon beim Essenzubereiten die Finger fast eingefroren, in unseren dünnen Sommerschlafsäcken bei 5 Grad wurde die Nacht im Dachzelt auch nicht erträglicher. Das nächste Mal sollten wir dann vielleicht lieber die dicken Exemplare aus unserem Rucksack zerren!!! – Aber wer kann schon mit so etwas rechnen, wenn zur gleichen Zeit in Deutschland neue Hitzerekorde aufgestellt werden?
Wie es Flo und mir bei unserer Wanderung zum Gletscher ergangen ist, das will ich in meinem nächsten Beitrag explizit abhandeln. Ich hoffe, ihr seid auch dann wieder mit dabei!