Rheinfall – April 2019

24.04.2019 / Rheinfall-Eglisau-Buchberg-Rüdlingen-Rheinau-Neuhausen

Irgendwie meinte mein Körper wohl, zu meinem Geburtstag keine Minute auslassen zu müssen und schon ab 23:15 Uhr des Vorabends gleich mal eben wach zu bleiben. Gut, dass wir heute ein straffes Programm hatten und auch noch 2:30 Uhr aus den Federn mussten… 

Ich war noch nie in der Schweiz, geschweige denn am Rheinfall, und so entschlossen wir uns relativ spontan, dieses Naturschauspiel mit einer schönen Wanderung zu verbinden.
Nach einer sich endlos ziehenden Anfahrt, vor allem die letzten Kilometer am Bodensee entlang, standen wir aber auch schon 7:30 Uhr in Pool-Position in Neuhausen, mit besten Blick hinunter zum Wasserfall. 
Das Wetter war bereits um diese Uhrzeit ein Traum, und wir kamen gerade rechtzeitig, um zu erleben, wie die ersten Sonnenstrahlen den Rhein erstrahlen lassen. Außer uns war noch kein Mensch hier, was uns ein wenig wunderte. Denn selbst wenn es überall heißt, dass das Licht am Nachmittag am besten ist, hat es durchaus auch am Morgen seinen Reiz, die Kaskaden zu besuchen.


Mit 23 Metern Höhe und 150 Metern Breite gehört der Rheinfall zu einem der 3 größten und wasserreichsten Wasserfällen von ganz Europa. Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen, dass bei mittleren Füllstand in nur 1 Sekunde 373 Kubikmeter Wasser über die Felsen hinab rauscht. Ich glaube, das kann man nur erfassen, wenn man selbst direkt auf einer der Plattformen steht.

Deshalb haben wir uns auch gleich auf den Weg hinüber zum Schloss Laufen gemacht. Doch leider tat sich hier vor 9 Uhr noch rein gar nichts, und so würden wir eben die Besichtung auf den Nachmittag verschieben müssen. 

Trotzdem waren wir nicht enttäuscht, hatten wir auch so schon recht viel gesehen und mussten uns nun sputen, um noch pünktlich den Zug nach Eglisau zu bekommen, von wo aus wir unsere Wanderung starten wollten. Eigentlich war ich sogar jetzt schon zufrieden, doch irgendwie sollten wir auch im weiteren Tagesverlauf immer wieder vom Glück verfolgt werden. Kann ja auch mal passieren. 😉

Gerade noch in letzter Minute haben wir den Zug erreicht und waren 20 Minuten später in Eglisau. Nun konnten wir aber los marschieren. Nach dem langen Winter, der sich noch immer hartnäckig in unseren Bergen hält, waren wir so froh, endlich mal wieder ein wenig Auslauf zu bekommen.

Die kleine Ortschaft liegt ganz idyllisch am Rhein und erinnert mich ein wenig an Bamberg, wenn nicht oberhalb schon die ersten Weinberge durch die Häuser blitzen würden. Die Bewohner hatten sich reichlich Mühe gegeben, die Promenade liebevoll zu bepflanzen, und die Platanen luden uns gleich zum lustigen Tiere raten ein. Es hat in der Tat etwas gedauert, bis wir endlich einmal in Schwung gekommen sind, aber dann ging es in strammen Marsch hinauf nach Buchberg.

Dafür mussten wir uns nun allerdings ein wenig vom Rhein entfernen, doch es war zu Abwechslung auch mal ganz interessant, direkt durch die Weingüter zu spazieren. Auch wenn um diese Jahreszeit die Reben noch keine Früchte tragen, war es äußerst aufschlussreich, seit wie vielen Jahren hier schon Wein angebaut wird.

Vorbei an ein paar hübschen Riegelbauten kamen wir wenig später in das Weinbaudörfchen Rüdlingen und im Anschluss durch wilde Natur. Auch hier haben wir wieder einmal eine kluge Entscheidung getroffen und den eigentlich vorgesehenen Weg verlassen. Ein schmaler Pfad führte uns durch eine urige Landschaft über eine winzige Insel; rechts und links der Rhein, hinter uns die kleine Kirche auf der Anhöhe von Rüdlingen und vor uns jede Menge Schilf. Wirklich ein traumhaftes Wegchen.


Von Zeit zu Zeit haben wir auf der anderen Seite immer wieder Mauerreste gesichtet und uns gefragt, was das wohl sein könnte. Wie wir wenig später herausfinden konnten, handelt es sich hierbei um Militärbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, die die Schweizer Armee als dichte Kette am Rhein entlang errichtet hat, um sich gegen Nazideutschland zu verteidigen.
Von Natur aus sehr neugierig, hätte wir einen der Bunker zu gerne einmal näher inspiziert, doch das war uns leider nicht vergönnt.


Wieder einmal hatten wir mächtig Glück. Bei Ellikon am Rhein galt es nun die Uferseite zu wechseln. Völlig überrascht habe ich nach einer Brücke Ausschau gehalten, die es aber einfach nicht gab. Stattdessen lag auf dem Wasser eine kleine Seilfähre, und am Ufer war eine Glocke angebracht, mit der man den Fährmann herbei läuten konnte. Seine Mittagspause begann 12 Uhr. Es war soeben Punkt 12 Uhr. Wie wild haben wir geschellt, doch das Boot war eh schon am Übersetzen. Gott sei Dank, sonst hätten wir jetzt eine Stunde warten oder auf der weniger schönen Seite entlang gehen müssen.

Das war ja gerade noch einmal gut gegangen, und so konnten wir nun am Hochufer weiter nach Rheinau spazieren. 

Langsam holte uns nun jedoch die Müdigkeit ein, und Hunger bekommen wir auch. So beschlossen wir, wenigstens einmal kurz unsere Füße ins kühle Nass zu tauchen und 10 Minuten uns die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen; dann ging es auch schon wieder weiter.


In Rheinau angekommen, konnten wir uns noch einmal gut ablenken, denn an dieser Stelle bildet der Rhein eine Doppelschleife, wobei die Ortschaft in der westlichen Schleife liegt und gegenüber die Insel mit dem ehemaligen Kloster Rheinau. 
Auch wenn das Dorf selbst zur Schweiz gehört, grenzt es in 3 Himmelsrichtungen an Deutschland. Na, jetzt wundern einen auch nicht mehr die vielen Bunker in der Region.


Nun mussten wir aber wenigstens eine Kleinigkeit essen. Es war wieder einmal gar nicht so leicht, etwas zu finden, was geöffnet hat. Doch ein Restaurant ist uns schließlich her gegangen. Ich wollte die Nahrungszufuhr fast schon boykottieren, weil ich zum einen zwar inzwischen Chinesisch gelernt habe, aber eine Schweizer Speisekarte nicht entziffern kann, zum anderen die Preise sich nicht mit meiner Einstellung vertragen, wenn ich noch zudem ein Brötchen mit Ziegenkäse im Rucksack hab. Aber Flo hat nun einmal darauf bestanden, wenigsten ein Stück Kuchen zu essen, und wie kann ich ihm so ein Wunsch abschlagen…
Dafür haben wir die Hiesigen etwas interviewt und dabei auch heraus gefunden, dass es entgegen der Routenvorschläge besser ist, am linken Rheinufer weiterzugehen; was wir dann auch taten.
So kamen wir am Kraftwerk vorbei über kleine Waldwege zurück nach Neuhausen.

Leider wurden inzwischen die Wolken immer dichter, und es kam schon fast so etwas wie ein Sturm auf. Nun war es wohl endgültig mit unserer Glückssträhne vorbei.
Es grenzt schon fast an ein Wunder, aber als wir am Schlösschen Wörth standen, kam plötzlich wieder die Sonne heraus. Also so viel Massel muss man erst einmal haben. Ein besseres Geschenk hätte man mir zum Geburtstag kaum machen können.

Doch wir wollten nun gar nicht zu lange hier verweilen, sondern noch zusehen, dass wir rüber auf die Aussichtplattform kommen, die uns am Morgen verwehrt blieb. Und vielleicht würde die Zeit ja sogar noch reichen, um mit dem Boot bis zum Felsen mitten im Rheinfall zu fahren?


Eigentlich hätten wir gar nicht so zu rennen brauchen, da die Kasse bis zum Abend geöffnet hat, und man sich die Tickets auch am Automaten ziehen kann. Na das hätten wir mal schon am Morgen wissen sollen. Doch letztendlich haben wir alles richtig gemacht, sonst wären wir um diese Zeit gar nicht hier gewesen.

Den Rheinfall nun endlich auch vom Schloss Laufen aus zu sehen, war wirklich gigantisch. Über die Plateaus kam man so nah an das Wasser heran, dass man die Kraft förmlich spüren konnte. Nie würde man sich sonst so weit in die Fluten wagen. Mich wundert es nur, dass bei aller Wucht, die das Wasser hat, diese Konstruktion überhaupt Stand hält. 

Nur ein letzter Wunsch wurde mir nicht mehr erfüllt, denn aufgrund des aufkommenden Winds fuhr inzwischen kein Boot mehr zu dem Fels in der Brandung. Dafür kam auf dem Weg zum Parkplatz ein letztes Mal die Sonne heraus, und wir durften noch einmal den Rheinfall in seinem ganzen Ausmaß bewundern. 

Wir werden die Schweiz sicher in sehr guter Erinnerung behalten und wieder zurück kommen. Nun haben wir aber erst einmal genüsslich unsere Ziegenkäse-Brötchen vertilgt. Nach 32 km und 12 Stunden auf den Beinen darf man sich das schon mal erlauben.

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