Bergtour Bettlerkar- & Montscheinspitze – August 2018

Seit Wochen vermochte ich von nichts anderem mehr zu reden, ich wollte unbedingt die Bettlerkarspitze bezwingen. Trotzdem hatte ich gehörigste Respekt vor dieser Tour, insbesondere vor der so genannten Schlüsselstelle. Ich wusste nicht, ob ich mich überhaupt soweit überwinden könnte, an dieser exponierten Stelle über brüchigen Fels hochzuklettern. Aber ich wollte es unbedingt probieren.

Ebenso hatte ich den eindringlichen Wunsch geäußert, im Anschluss auch noch die Montscheinspitze zu erklimmen. Wie das nun einmal so oft bei uns Beiden ist, wollte Flo erst mal abwarten, und ich wusste schon, dass wir es machen werden. *ggg*

29.08.2018 / Gernalm-Bettlerkarspitze-Plumsjochspitze-Montscheinspitze-Schleimsattel

2 Tage zuvor waren erst Flo seine Eltern am Sonnjoch. Es hatte den ersten Schnee gegeben. Oh je, eigentlich wollten wir das Bettlerkar nur bei optimalen Bedingungen in Angriff nehmen. Aber jetzt war schon alles geplant, und wir wären ja auch nicht die ersten, die so etwas bei Schnee machen, man müsste sich halt vor Ort von den aktuellen Verhältnissen überzeugen und letztendlich dann entscheiden. Also bisschen was Wärmeres angezogen, zumindest die Schneeketten und Stöcke eingepackt, und los ging es.

Als wir viertel vor 6 an der Gernalm los sind, war von Schnee weit und breit nichts zu sehen; uns sollte das auch Recht sein. Dafür waren meine Glieder heute Morgen ganz schön steif. Na das kann ja was werden, gerade bei der Tour, dachte ich mir. Aber es dauerte nicht lang, und meine Aufmerksamkeit richtete sich eher auf die Berge vor uns und wir rätselten, was wohl welcher sein könnte. Inzwischen wissen wir, dass es schon das Falzthurnjoch und die Bettlerkarspitze waren.


Am Plumssattel angekommen, wollten wir uns noch einmal stärken bevor es ans Eingemachte geht. Von der Weite sah das Bettlerkar echt garstig aus, und wir konnten uns gar nicht so recht vorstellen, dass man da rauf kommt. Aber es sollte nicht lange dauern bis wir merkten, dass alles geht, wenn man es nur will.


Wegweiser sucht man vergeblich hier am Wegesrand, dazu muss man schon vorher die korrekte Richtung eingeschlagen haben. Aber bei dem Gelände wundert es mich nicht, dass man wenig Erfahrene gar nicht erst auf dumme Gedanken bringen will.
Die ersten Meter stiegen wir noch verhältnismäßig entspannt durch eine Latschengasse auf, so konnten wir unsere Blicke ein wenig in der Gegend umherschweifen lassen und den Kompar und die Montscheinspitze in Augenschein nehmen.

Danach ging es über loses Geröll weiter zum Vorgipfel, und es war schon mehr Konzentration gefragt – wenn auch Kräfte zehrend, aber sonst war dieser Teil noch ganz gut zu bewältigen.

Dass hingegen der Hauptgipfel etwas schwieriger zu erreichen sein würde, konnte man von hier aus nun schon gut erahnen.

Doch jetzt wollten wir zumindest einmal kurz auf dem Vorgipfel durchatmen.

Um uns nicht gleich von Vornherein zu verausgaben, hat Flo mir nahe gelegt, am Vorgipfel nicht direkt über den Grad hinabzuklettern, sondern wie empfohlen erst zum Steinmandl zurückzugehen, und von dort aus den verblichenen gelben Markierungen zu folgen. Na gut, wir hatten schließlich auch so noch ein paar leichte Kletterstellen (I-II UIAA) zu überwinden, und dann war da ja noch was…
Jetzt ging es aber erst einmal an der Westflanke auf einem ausgesetztem Band weiter.

Hin und wieder war es ganz ratsam, auf weitere Steinmandl zu achten, um nicht plötzlich vor einem Abgrund zu stehen; was mir ja glatt einmal passiert ist. Ich dachte auch noch: “Was liegen da für blöde Steine auf dem Weg rum?” Aber so ganz überrissen hatte ich es dennoch nicht. Da kann man nur sagen, zum Glück sind wir immer zu zweit, und einer ist immer schlauer als der andere. 

Mal mehr auf dem Gradl, dann mal wieder auf Bändern in der Wand, haben wir uns so langsam bis zur Schlüsselstelle vorgearbeitet. Anhand der hellen, gelben Gesteinsschichten konnte man deutlich erkennen, wie instabil und bröselig der Fels ist. Man sollte es also dringend vermeiden, sich an der falschen Stelle festzuhalten. Noch zudem ist der “Karwendelschrott” sehr scharfkantig und man merkt auch gleich, dass nicht allzu viele Berggeher hier entlang kommen und den Fels komplett abgreifen.

Auf jeden Fall musste man sich mächtig konzentrieren und jeden einzelnen Schritt mit Bedacht setzen. Aber selbst dann kann immer noch etwas Unvorhergesehenes passieren, indem zum Beispiel gleich ums Eck eine Gams lauert und ihren Warnschrei absetzt, so dass man fast zu Tote erschrickt und froh sein kann, wenn man gerade in diesem Moment einen festen Stand hat. Nein, damit war nun wirklich nicht zu rechnen, und ich bekam ordentlich weiche Knie.

Endlich kamen wir an der Schlüsselstelle an. Überhang ja, ausgesetzt ja, aber ich hatte es mir eigentlich schlimmer vorgestellt oder ich war so voller Adrenalin, dass ich nicht mehr Herrin meiner Sinne war. Ohne große Probleme bin ich an dem Seil nach oben geklettert, was meiner Meinung nach eher für den Abstieg relevant wäre, und Flo ist mir ohne Probleme gefolgt.

Nun standen wir tatsächlich auf dem Gipfel. Wir hatten es geschafft. Wir waren Beide stolz wir Oskar.
Jetzt mussten wir den Moment aber auch eine Weile auskosten, das hatten wir uns verdient. Die Aussicht war sowieso wieder grandios, ob nun zur Schaufelspitze und zum Sonnjoch im Süden, zur Montscheinspitze im Norden oder auch ins Kar hinunter, einfach herrlich.


Jetzt blühte uns aber erst einmal wieder der Abstieg, und der ist ja nicht immer leichter. Doch nun konnte mich nichts mehr bremsen. Hatten wir soeben diese Herausforderung gemeistert, dann würden wir nun auch das schaffen. Mein Vertrauen in mich selbst war nach dieser Aktion erheblich gewachsen und auch das an mein Equipment. Das ist gar nicht ganz so unwichtig, man darf nur nicht übermütig werden. Und so ging es hochkonzentriert wieder auf dem gleichen Weg bis zum Plumssattel hinunter.


Wenn auch noch etwas früh für deutsche Verhältnisse, haben wir gleich die Gelegenheit genutzt, und uns schon 11 Uhr etwas auf der Hütte genehmigt. Die Leute werden vielleicht gedacht haben: “Jetzt sind die gerade mal die paar Meter zum Sattel aufgestiegen und müssen schon was essen.” Aber wir wussten ja, dass wir das Gröbste eigentlich schon hinter uns hatten.

Wieder einmal haben wir den Fehler gemacht, den zweiten Gipfel zu unterschätzen. Klar, technisch ist er bei Weitem nicht so schwierig wie die Bettlerkarspitze, aber wenn man 2 Berge besteigt, dann bekommt man das schon deutlich zu spüren. Dieses Mal hat es Flo zwar mehr gefuchst als mich, aber auch ich war froh, als wir dann am Ziel waren.

Der Anstieg erst auf die Plumsjochspitze, dann auf die Montscheinspitze, hatte es schon noch einmal in sich, und auch hier gab es ein paar ausgesetzte Stellen an der Westflanke und 2 Rinnen, in denen man noch oben kraxeln musste. Allerdings das hat dann auch wieder richtig Spaß gemacht. 

Leider waren wir am Gipfel gar nicht mehr so richtig aufnahmefähig. Trotzdem, die Montscheinspitze ist ein beeindruckender Berg. Obenauf kann man zwar nicht die wuchtigen Nordabrisse sehen, aber dafür direkt ins Kar hinein schauen.


Gleich dahinter baut sich die Einsköniginspitze und der Kompar auf,


im Osten kann man die Hohe Gans, die Seebergspitze und den Tegernsee erkennen,


und wenn man zurück blickt, schwillt einem die Brust gleich noch mehr an, wenn man weiß, dass man gerade erst noch auf der Bettlerkarspitze stand. 


Um nicht auf gleichem Weg wieder zurück zu müssen, wollten wir nun im Osten zum Schleimsattel absteigen. Stellenweise konnte man an den dicken Platten vorbei noch einmal ins Kar schauen oder wahlweise daran hinunter klettern. Danach war es leider vorbei mit dem Nervenkitzel.

Über Almen, schmale Pfade und später über einen Forstweg ging es zum Auto zurück. Doch auch die letzten Meter hielten noch einmal eine Herausforderung für uns parat, da uns tatsächlich das Wasser ausgegangen war und es keine Möglichkeiten gab, irgendwo nachzutanken. Doch wir sind nicht verdurstet, auch wenn wir mit hängender Zunge die Tanke gestürmt haben.

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